Die Urner Haute Route ist eine anspruchsvolle, hochalpine Ski-Durchquerung in der Zentralschweiz. Die klassische Route führt in 5 Tagen von Realp über Albert-Heim-Hütte, Chelenalphütte, Sustenpass und Sustlihütte nach Engelberg. Macht man diese Skitour gegen Ende der Saison, ist es besonders für diejenigen, die gerne etwas steiler abfahren, eine Option die 2. Etappe abzukürzen, indem man den Lochberg auslässt. Wenn nämlich der Göscheneralpsee nicht mehr ausreichend zugefroren ist und man den Umweg über die Staumauer nehmen muss, ist in der Regel auch der Südhang nördlich des Sees schon schneefrei, so dass dort ein längerer Fußmarsch ansteht. Bei zeitigem Start in Realp kann man damit die Tour auch um einen Tag verkürzen, indem man die Übernachtung auf der Albert-Heim-Hütte auslässt. Bei entsprechend passender Lawinenlage haben wir diese Abkürzung einmal ausprobiert.
Am letzten Sonntag im April 2017 steigen wir als einzige Gruppe im dichten Nebel von der Albert-Heim-Hütte zur Winterlücke auf. Schon ein gutes Stück unter dem Sattel spüren wir, dass die Strahlung immer intensiver wird. Oben angekommen reißt es auf und wir stehen über dem Nebelmeer – immer wieder ein beeindruckendes Erlebnis. Nach kurzer Rast entscheiden wir, nicht wie üblich weiter zum Lochberg aufzusteigen, sondern die guten Bedingungen zu nutzen und direkt den steilen Nordhang ins Dammareusstal hinunter zu fahren. Der ist mit 700 Höhenmetern zwar erheblich kürzer als die Abfahrt vom Lochberg, aber mittlerweile hat sich der Nebel dort ganz verzogen und der unverspurte steile Hang zieht uns magisch an. Schließlich hat man nicht alle Tage Gelegenheit ihn zu fahren und wir werden unsere Entscheidung nicht bereuen.
Die Bedingungen sind an diesem Tag wirklich optimal. Der reichliche Neuschnee der letzten Woche hat sich schon gut gesetzt, ist aber noch hervorragend zu fahren (Warnstufe 2). Bei entsprechender Wahl der Linie schätze ich die maximale Steilheit auf höchstens 40°, eher etwas weniger. Dass es im Geländemodell von Swisstopo steiler dargestellt ist, verwirrt mich ehrlich gesagt einigermaßen. Ansonsten geht es mir nämlich eher andersrum. Allerdings habe ich bei der Abfahrt nicht angehalten um es nachzumessen. Unten im Dammareusstal angekommen steht die Frühjahrssonne bereits hoch am Himmel – wir sitzen im T-Shirt auf unseren Rucksäcken und schauen zufrieden hoch zu unseren Spuren.